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Abt em. Anselm (Manfred) Zeller OSB

Missionsbenediktiner von Sankt Georgenberg

* 20. Juli 1938        + 15. August 2023

Unser Mitbruder kam 1938 in Kaiserslautern zur Welt und wuchs dort mit fünf Geschwistern auf, in einer Familie mit sehr bewegter Geschichte: sein Vater war altkatholischer Priester und später Pfar­rer der Deutschen Christen. Die Eltern und die jüngeren Ge­schwister kehrten schließlich in die katholische Kirche zurück. Ein älterer Bruder wurde evangelisch-lutherischer Pastor. Die Mutter, die – oft auf sich gestellt – die Kinder in den schwierigen Jahren der Kriegs- und Nachkriegszeit aufzuziehen hatte, prägte Manfred, der im Familienkreis Ekkehard genannt wurde, sehr. Sie ver­mit­telte ihm Freude an Musik und Kunst und eine tiefe Religiosität.

Aus der fernen Pfalz wurde Ekkehard aufs Missionsseminar nach St. Ottilien entsandt, die entscheidende Weichenstellung seines Lebens. Der zierliche aber aufgeweckte Bub – „Zeller, immer der letzte im Alphabet“ – maturierte dort 1958 und trat ins Noviziat der Erzabtei ein, wo er den Ordensnamen Anselm bekam. Nach seiner Profess studierte er an der hausinternen Hochschule Philosophie und in München Theologie und Katechetik. 1965 wurde er zum Priester geweiht und gleich anschließend auf den Jakobsberg entsandt, ein neu gegründetes Priorat St. Ottiliens am Rhein. Bis 1978 wirkte er in Bingen als Religionslehrer und Schulseelsorger. Dann wurde er Prior des Jakobsbergs. In diese Zeit fiel der Neubau des Klosters und der Aufbau eines Bildungshauses für Erwachsene und Jugendliche in Zusammenarbeit mit dem Bistum Mainz. 1991 stellte sich Pater Anselm für die Mission in Afrika zur Verfügung und wurde zunächst Novizenmeister im Priorat Tigoni in Kenia. Während er sich Ende 1996 auf die Übernahme einer abgelegenen Missionsstation im Keriotal vorbereitete, ereilte ihn die Nachricht aus Fiecht in Tirol, dass ihn der dortige Konvent zum 66. Abt des Klosters gewählt hatte.

Die alte Abtei St. Georgenberg-Fiecht hatte sich 1967 der Kongregation von Sankt Ottilien angeschlossen und war in der Folge durch etliche Mönche aus Deutschland verstärkt worden. Anfang der 90er Jahre wurde die Gemeinschaft von inneren Konflikten erschüttert. Abt Anselm sollte die Situation als Außenstehender beruhigen und das Kloster in die Zukunft führen. Unter dem Motto „Mundo Lux – Licht der Welt“ öffnete er das Stift für erwachsene und jugendliche Gäste und etablierte ein spirituelles Kursprogramm. Mit Unterstützung öffentlicher und privater Geldgeber konnte er die Stifts- und die Lindenkirche sowie die Hohe Brücke renovieren. Er erneuerte das Museum, schuf eine Missionsausstellung und ließ den Parkplatz Weng anlegen. Die alte Klosterökonomie wurde zu einem Mehrgenerationenhaus umgebaut. 2004 erhielt er das Ehrenzeichen des Landes Tirol. 2013 konnte er das 875jährige Abteijubiläum begehen.

Abt Anselm war mit ganzem Herzen Missionsbenediktiner. Das zeigte sich in der mit Verve betriebenen Schriftleitung der Zeitschrift „Christus verkünden“ und im Betrieb der Missionsprokura von Fiecht. Von 1996 bis 2008 war er Mitglied des Kongregationsrates. In dieser Zeit nahm er 13 kanonische Visitation vor, was auch seiner Reiselust entgegenkam, wie er selbstironisch kommentierte. Als Erster Assistent stand er im Jahr 2000 übergangsweise der ganzen Kongregation vor.

Nach 18 Jahren trat er 2014 aus Altersgründen vom Amt des Abtes zurück. Er diente weiterhin der Fiechter Gemeinschaft, zunächst als Wallfahrtspater auf dem St. Georgenberg und später als Priester im Seelsorgsraum Fiecht-Vomp-Stans, sowie als Missionsprokurator, Archivar und Bibliothekar bis 2022.

Als unter seinem Nachfolger die Frage der Zukunft der Gemeinschaft angegangen werden musste, die schließlich 2017 in den Entschluss zur Aufgabe von Fiecht und zum Umzug auf den St. Georgenberg mündete, beteiligte er sich rege. Sein Schmerz war spürbar, aber auch seine Bereitschaft, loyal die Entscheidungen der Gemeinschaft mitzutragen. Mit Br. Fidelis verblieb er zunächst in Fiecht. An Weihnachten 2021 übersiedelte er dann auf den St. Georgenberg. Lungenerkrankungen und Covid hatten ihn chronisch geschwächt. Dennoch nahm er bis zuletzt am Gemeinschaftsleben teil und beteiligte sich an der Betreuung der Gäste, in der Seelsorge und den häuslichen Aufgaben.

Wie die meisten Menschen musste auch Abt Anselm in seinen letzten Lebensjahren das Loslassen einüben. Der Weggang von Fiecht und auch die Anfang 2023 erfolgte Schließung des Klosters auf dem Jakobsberg waren solche Einschnitte. Das fiel ihm, der viele Jahre seines Lebens in den Aufbau dieser Häuser investiert hatte, nicht leicht. Aber es gelang ihm, diese Ereignisse geistlich zu verarbeiten im Gefolge dessen, der einmal sagte: „Wer sein Leben verliert, wird es gewinnen.“ Als er uns vor einigen Monaten erklärte, dass er bei der Lindenkirche, der neuen Grablege unserer Gemeinschaft auf dem St. Georgenberg, beigesetzt werden will, war das auch ein Zeugnis, dass der letzte Abt von Fiecht im Frieden war.

Zeit seines Lebens pflegte er Beziehungen: mit seiner Familie, mit ehemaligen Schülern und Weggefährten. Zu seinem 85. Geburtstag waren viele noch einmal zusammengekommen. Kurz danach übersiedelte er in die Infirmerie von St. Ottilien. Dort genoss er das Zusammensein mit Mitbrüdern aus seinen Ottilianer und Jakobsberger Jahren. Zunächst kam er wieder zu Kräften, aber am 12. August begann ein rascher Verfall. Am Nachmittag des 15. August verschied er friedlich.

Abt Anselm blickte gern und häufig auf sein eigenes Leben zurück und brachte darüber auch einiges zu Papier, selbstkritisch aber auch selbstbewußt. In einer geistlichen Retrospektive schrieb er einmal: „Der Weg war richtig. Ich gehöre zu den Menschen, die überaus reich beschenkt sind. Die wertvollsten Gaben meines Lebens sind Optimismus, Durchhaltevermögen, Humor, Fähigkeit zur Kommunikation und Unternehmungsgeist. Dazu kommt das Verlangen nach Gott.“ Und er schloß: „Ich bin zutiefst dankbar für alles.“ In diesen Dank stimmen wir ein.

St. Georgenberg, 19. August 2023

Abt Administrator Jeremias Schröder OSB

Im Namen der Klostergemeinschaft von St. Georgenberg

 

Rüdiger Zeller und die Angehörigen

Die Totenvigil für Abt Anselm halten wir am 22. August um 19.00 Uhr im Stift Fiecht.

Das Requiem feiern wir im Stift Fiecht am 23. August um 10.00 Uhr.

Die Beisetzung bei der Lindenkirche halten wir zu einem späteren Zeitpunkt im Kreis der Mitbrüder.