St. Georgenberg in Tirol ist das kleinste unter den alten österreichischen Stiften. Es entstand im ausgehenden 10. Jahrhundert auf einer Felsnadel oberhalb des Inntals, zunächst als „Altar des Hl. Georg“, mit einer Priestergemeinschaft, die sich bis zum frühen 12. Jahrhundert benediktinisch konsolidiert hatte, was 1138 mit der Erhebung zur Abtei bestätigt wurde. Die weitverbreitete Geschichte der Gründung durch den einsiedelnden Grafensohn Radbod aus Bad Aibling, mit vielen anschaulichen Details, ist erst im 15. Jahrhundert belegt. Aber eine Reihe von Landschenkungen der ersten Jahrhunderte durch führende Adelsgeschlechter Südbayerns und Tirols lassen erkennen, dass das Kloster St. Georgenberg einerseits ökonomisch abgesichert werden sollte, ihm aber auch eine wichtige Rolle für die Evangelisierung und Kultivierung des Karwendelgebietes zugedacht war, vor allem des Achentals.
Während des ganzen Mittelalters blieb die Lage des Klosters prekär. Der gebirgige Grundbesitz war wenig ertragreich, so dass die Wallfahrt nicht nur seelsorglich von Bedeutung war, sondern auch für den wirtschaftlichen Erhalt der Gemeinschaft eine große Rolle spielte. Das Gnadenbild der Schmerzhaften Mutter, eine Pietà in der Lindenkirche oberhalb des Stiftes, der bedeutende Reliquienschatz und seit ca. 1310 die auf ein eucharistisches Wunder zurückgehende Heilig-Blut-Reliquie waren die Hauptanziehungspunkte. Auch der Personenstand des Klosters war immer bescheiden: geringe Einnahmen und der beengte Raum auf dem Klosterfelsen ließen eine größeren Konvent nicht zu. Das Kloster wurde immer wieder von Kalamitäten betroffen: ein Klosterbrand 1284, die Beulenpest 1348, der Brand von 1448, die Internierung Kardinal Khlesls 1619-22, der dritte Brand 1637, eine zerstörerische Lawine 1689.
Dass der Konvent kaum personelle Reserven hatte, zeigte sich auch bei den Abtswahlen des Mittelalters und der frühen Neuzeit, bei denen häufig auswärtige Mönche berufen wurden. Bibliothek und Archiv dokumentieren aber auch Phasen der kulturellen Blüte, vor allem im 15. und 16. Jahrhundert unter humanistisch gebildeten Äbten wie Kaspar II. Augsburger.
Nach einer weiteren Feuersbrunst 1705 wurde das Kloster ins Tal nach Fiecht verlegt, wo ein barocker Stiftsbau innerhalb von 3 Jahren aufgeführt wurde. Unter den großzügigeren Gegebenheiten konnte sich das Kloster personell und kulturell entfalten. Der St. Georgenberg wurde als Wallfahrtsort wieder aufgebaut. Die napoleonischen Kriege und die bayerische Besatzung Tirols bedeutete einen Rückschlag. Die Restitution wurde vom Wiener Hof mit schweren Auflagen verbunden und auch das klösterliche Leben war im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts eher schwachbrüstig. Fürstbischöfliche und landesherrliche Interventionen führten aber zu einer Festigung der Gemeinschaft, und ab Mitte des 19. Jahrhunderts blühte die Gemeinschaft zahlenmäßig auf. Neben der Seelsorge kamen nun auch Aufgaben im Schulwesen dazu. Das Kloster förderte Malerei und Musik und spielte auch in der westösterreichischen Benediktinerkongregation vom Hl. Josef eine gewisse Rolle.
1919 wurde der seit dem Mittelalter dem Stift gehörende Achensee durch die Stadt Innsbruck dem Kloster abgepresst. 1941 hoben die Nationalsozialisten das Kloster auf und wiesen die Mönche aus Tirol aus. Die Rückkehr des Gnadenbildes auf den St. Georgenberg 1945 war ein symbolischer Abschluss der Kriegszeit für die ganze Region. Die Inntalautobahn, die unmittelbar unterhalb des Klosters verläuft und 1970 eröffnet wurde, zog das Kloster schwer in Mitleidenschaft.
Aus Personalmangel entschloss sich die Gemeinschaft 1967 zum Wechsel zu den Missionsbenediktinern von St. Ottilien, in deren afrikanischem Arbeitsfeld bereits einige Mitbrüder tätig waren. In den folgenden Jahrzehnten wurden rund 30 Mönche aus den Klöstern dieser Kongregation nach Fiecht entsandt. Trotzdem ging die Zahl der Mönche weiter zurück, so dass die Barockanlage in Fiecht schließlich nicht mehr zu halten war. 2018 wurde diese verkauft und mit dem Erlös der St. Georgenberg so renoviert und erweitert, dass dort wieder eine Mönchsgemeinschaft leben kann, derzeit sechs Mönche. Seit 2021 leitet der Abtpräses der Kongregation von St. Ottilien das Kloster, unterstützt von einem externen Administrationsrat.
Weiterführende Literatur
Die letzte umfassende Gesamtdarstellung zur Geschichte und Kulturgeschichte unseres Klosters stammt von unserem P. Thomas Naupp: Fiecht-St. Georgenberg, in: Germania Benedictina III/1, St. Ottilien 2000, S. 434-500.